Kriege und kriegerische Auseinandersetzungen finden heute an mehreren Fronten statt. Eine Front ist die Berichterstattung und Manipulation der Sozialen Medien. Darin geht es um mehrere Ebenen. Eine wichtige Rolle steht darin die Benutzung von Bildmaterial zu. Fotos und Videos werden heute weit häufiger manipuliert als vor wenigen Jahren.

Die Front in den Medien

Zwei Konflikte der letzten Jahre seien hier beispielhaft genannt: Russlands Angriff auf die Ukraine und Hamas‘ Angriff auf Israel. Sie werden ganz stark über Desinformation genährt. Desinformation baut mithilfe verschiedener Dinge eine alternative Wirklichkeit auf. Dazu wird die Geschichte kurzerhand neu geschrieben, es werden Menschen mit Zahlen manipuliert (mehr Verwundete = mehr Zuspruch in den Medien), und nicht zuletzt wird mit Bildmaterial jede Behauptung verstärkt.

Ist Berichterstattung neutral? Das lässt sich schnell hinterfragen, denn die Fakten müssen immer interpretiert werden. Aus der Berichterstattung entsteht eine Narrative. Sie liegt näher oder ferner von den Fakten weg und ist häufig durch Missinterpretation und Vorurteile genährt. Guter Journalismus ist entscheidend wichtig, aber in den Sozialen Medien funktionieren ganz andere Mechanismen. Manipulation wird oft bewusst gefördert. Die Wahl von Donald Trump 2016 war etwa auf Manipulation über Social Media zurückzuführen (Cambridge-Analytica Skandal).

Ein aktuelles Beispiel ist der Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Auf der Website newsguardtech.com werden per heutigem Datum 410 Websites mit Falschinformationen zum Russischen Krieg gegen Ukraine verfolgt. Alle diese Websites verbreiten gezielt Falschinformationen, in einem Versuch, die Wahrnehmung zum Krieg der russischen Narrative anzupassen. Auf der Seite des deutschen Correctiv erschien einen Beitrag, der an beiden Seiten des Krieges Falschinformationen darstellt.

Dies ist die Front in den Medien. Es wird massiv Propaganda gemacht. Dafür werden auch Bilder und Videos manipulativ eingesetzt. Faktenchecker gibt es viele, oft mit einem bestimmten Fokus. Deutschsprachige Faktenchecker sind etwa folgende:

Weitere Angaben und Links finden sich beispielsweise auf Wikipedia.

Manipulation von Fotos und Videos

Eine falsche Berichterstattung wird über falsche Bilder und Videos erreicht. Es gibt ein berühmtes Foto aus dem Konflikt zwischen Israel und Arabern aus Gaza und Westbank. Dabei war das Foto zwar echt, aber es wurde nicht vollständig gezeigt. Eine falsche Bildunterschrift hat die Fake-Nachricht dann vervollständigt. Hier gibt es die Geschichte zum Bild:

Es gibt massenhaft Fotos, die manipuliert wurden, um die Narrative der «brutalen israelischen Armee gegen wehrlose Palästinenser» zu begründen. HonestReporting deckt aber auf, dass gerade das Gegenteil stattgefunden hat. Seitdem berichtet HonestReporting zu Falschdarstellungen über Israel in den Medien.

Pallywood

Es gibt einen Ausdruck für falsche Bilder aus offiziellen palästinensischen Quellen: Pallywood, ein Wort zusammengesetzt aus «Palästina» und «Hollywood». Spätestens seit der zweiten Intifada werden immer wieder Bilder und Videos veröffentlicht, die von Mediencrews erstellt wurden. Es werden Menschen als Schauspieler für inszenierte Szenarien engagiert. So entstehen Fotos und Videos, die falsche Narrative unterstützen. Tote und Verwundete sind oft weder tot noch verwundet, sondern nur Teil einer filmischen Darstellung.

Einige der Darstellungen werden auch als falsch entlarvt:

Es ist nicht immer einfach, zu erkennen, worum es geht. Bilder aus Gaza gibt es meist nicht aus unabhängigen Quellen.

Falsche Zuordnung von Fotos und Videos

Regelmässig gibt es Fotos und Videos, die nichts mit dem angeblichen Ereignis zu tun haben. Es handelt sich zwar um richtige Bilder, aber die Zuordnung ist nicht korrekt. Hier ein Beispiel:

Hier kann man nur die Quellen prüfen. Wer redaktionelle Bilder einsetzen möchte, sollte sich um die korrekten Angaben kümmern. Es hilft, Bilder bei etablierten Bildagenturen und Fotografen einzukaufen. Auch dort sollte man sich für korrekte Angaben einsetzen.

KI-generierte Bilder und Deep Fakes

Mittlerweile wurde Bildmanipulation und Bilderstellung durch Künstliche Intelligenz popularisiert. In der aktuellen Auseinandersetzung zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas tauchen deshalb vermehrt Bilder auf, die mit der Wirklichkeit nichts mehr zu tun haben. Sie ersetzen sozusagen den Wert journalistischer Berichterstattung.

Auf den von mir besuchten Social-Media-Kanäle habe ich KI-generierte Bilder an beiden Seiten gesehen. Auf israelischer Seite bemüht sich etwa auch FakeReporter für mehr Transparenz bei falschen Bildern und Videos. HonestReporting etwa bietet Hintergrundinformationen, damit jeder sich besser ein eigenes Bild machen kann – eine Voraussetzung für die korrekte Interpretation von Bildern und Videos.

Manipulation von Landkarten

Es ist immer ein Problem, wenn Kontext weggelassen wird. Das gilt jedoch speziell für die Konflikte in dieser Welt. Die Wahrheit liegt nicht immer bei der Aussage. Zwar lässt sich eine Interpretation nie ganz vermeiden, aber eine bewusste Manipulation soll aufgedeckt werden. Es sei denn, auch das ist eine Manipulation.

In dieser Woche gab es etwa die Meldung, dass der Name Israel auf Karten verschiedener chinesischen Websites fehlt. Es wurde so dargestellt, dass Israel nach dem Angriff von Hamas bei China in Ungnade gefallen war und das Land kurzerhand von der Karte gefegt wurde (ganz im Sinne der Hamas).

Bei einer näheren Untersuchung wurde jedoch festgestellt, dass der Name Israel bereits länger von den genannten Karten entfernt wurde. Daraus kann geschlossen werden, dass der Name zwar fehlte, aber der Zusammenhang mit den Hamas Terrorakten war nicht gegeben.

Auch Karten sind Bilder und werden munter manipuliert, um bestimmte Narrativen zu unterstützen.

Diese geschichtliche Entwicklung von Palästina in 4 Karten wäre der Beweis dafür, dass Israel Land von Palästinensern «besetzt» und «gekapert hat». Nichts liegt jedoch ferner der Wahrheit. Karten können etwas vorgaukeln, was nie da war, etwa ein palästinensischer Staat oder ein palästinensisches Volk (beide von Yasser Arafat in den 1960ern frei erfunden). Mit dieser Karte soll die Geschichte deshalb manipuliert werden. Besonders brisant ist natürlich, dass es bis heute ein weitverbreitetes Bild ist. Diese Narrative wird hartnäckig festgehalten, aber hier widerlegt:

Geschichte einblenden

Im Rahmen dieses Beitrages können wir aus diesem Beispiel lernen, dass man die Geschichte nicht einfach ausblenden kann. Man soll auch bedenken, dass die meisten Länder im Mittleren Osten bis zum Ersten Weltkrieg Osmanisches Reich waren. Frankreich und England teilten sich als Sieger den Mitten Osten auf und daraus entstanden zuerst einige Mandatsgebiete. Frankreich hatte die Mandate Syrien und Libanon. England hatte Mandate für Mesopotamien und Palästina. Aus diesen Mandaten und einigen weiteren Initiativen wurden allmählich die heutigen Länder erschaffen. Noch heute sieht man auf der Karte des Mitten-Ostens, dass es viele kerzengerade Grenzen gibt. Sie wurden mit dem Lineal auf der Karte gezogen. Libanon, Syrien, Jordanien und auch Israel entstanden im letzten Jahrhundert.

  • 1922: Ägypten wird unabhängig vom Vereinigten Königreich
  • 1943: Libanon erklärt die Unabhängigkeit
  • 1946: Syrien wurde nach mehreren Bestrebungen faktisch unabhängig
  • 1946: Jordanien gewinnt Unabhängigkeit
  • 1948: Israel wird Unabhängig
  • 1952: Ägypten wird zur Republik

Das Erstaunliche bei dieser Liste ist, dass alle Länder, die Israel das Existenzrecht abgesprochen haben, selbst in diesen Jahren aufgerichtet wurden. Die geschichtlichen Zusammenhänge werden heute populistisch umgedeutet und zum Mainstream gemacht, wobei die Aufmerksamkeit nur auf die angebliche Besatzungsmacht Israel gelegt wird. So sieht ein Medienkrieg aus. Das spiegelt sich in den Narrativen – und auch im verwendeten Bildmaterial.

Kultur verstehen

Bilder und Karten versuchen oft nur emotionalen Grund zu erobern. Für ein besseres Verständnis hilft es, die Hintergründe der Narrativen besser zu verstehen. Dabei geht es auch um die Art der Berichterstattung. Zum Schluss dieses Beitrages deshalb ein Buchtipp. Der Journalist Joris Luyendijk arbeitete 5 Jahre im Mitten Osten und hat dabei einige Entdeckungen gemacht, die in mehreren Büchern veröffentlicht wurden. Etwa diesees hier:

Eines der Punkte, der von Joris Luyendijk sehr deutlich herausgearbeitet wurde, ist das unterschiedliche Denkmuster und die unterschiedliche Realität beim Vergleich von Europa und dem Mitten-Osten. Er beschreibt, wie Medien berichten, und dass eine westliche Sicht keinesfalls ausreicht, die Aktualität auf dem Boden zu erkennen. Die journalistische Freiheit des Westens gibt es nicht überall im Mitten Osten.

Direkte Folgen mangelhafter Berichterstattung

Es ist hilfreich, sich der Komplexität bewusst zu werden, bevor man selbst Bilder publiziert und Narrativen unterstützt. In einer mutigen Berichterstattung geht es nicht darum, die eine oder andere Seite blind zu unterstützen, sondern vor allem darum, den eigenen Beitrag zur Lösung bewusst zu werden. Seit den mörderischen Angriffen der Hamas auf die Zivilbevölkerung in Israel hat eine beispiellose Täter-Opfer-Umkehr stattgefunden. Es finden weltweit Proteste gegen Israel statt. Als Hamas am 7. Oktober Israel überfiel, blieben solche Kundgebungen aus. Nicht nur hat Hamas bewusst die Zivilbevölkerung angegriffen, sondern missbraucht die eigene Bevölkerung als Schutzschilde gegen Israel, wie in verschiedenen Berichten wiederholt festgestellt (etwa hier, hier und hier).

Seit den mörderischen Angriffen der Hamas auf die Zivilbevölkerung in Israel hat weltweit eine beispiellose Täter-Opfer-Umkehr stattgefunden.

Auf der ganzen Welt finden massive Kundgebungen statt. Es wird mittlerweile auch in Europa offen zum Mord auf Juden aufgerufen. Berechtigterweise fragen sich einige, ob die Alliierten im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis gewonnen hätten, wenn die Situation in der Berichterstattung wie heute ausgesehen hätte.

Es benötigt Zivilcourage, sich heute entschieden gegen Manipulation aller Art zu stellen. Das betrifft auch die Wahl der Bilder und Videos, die wir teilen, und welche Geschichten wir in Zeiten des Krieges damit fördern. Wer Bilder zur Berichterstattung einsetzt, hat sich mit gestellten Situationen, selektiver Wahrnehmung, oft ungeprüften Bildquellen und verschiedenen Narrativen auseinanderzusetzen.

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