Gratisbilder verdrängen sogar günstige Angebote. Websites wie Unsplash und andere bieten hochwertige Fotos zum Nulltarif an. Kann das gutgehen?

Vorbei sind die Zeiten, da es nur wenige digitale Bilder gab. Noch in der zweiten Hälfte der neunziger Jahren waren digitale Bilder Mangelware. Die meisten Fotografen arbeiteten analog und die Qualität der ersten Digitalkameras war für professionelle Ansprüche ungenügend. Seitdem hat sich vieles geändert.

Stockfotografie und Bildarchive

Wer Bilder benötigt, kann selbst fotografieren. Das ist jedoch nicht immer praktisch. Stockfotografie versprach von jeher eine einfachere Bildbeschaffung. Man musste weder selbst fotografieren noch einen Fotografen losschicken, sondern man konnte auf eine Auswahl bereits erstellter Fotos zurückgreifen. Bildarchive sind ausserordentlich praktisch. Die spezialisierten Bildarchive wurden zu Bildagenturen, die sich um die Klärung von Bildrechten und um die Abwicklung der Lizenzgebühren kümmerten, während der Fotograf weiterhin einfach um seine Fotografie besorgt war. In diesem System wurden die Anforderungen aller Beteiligten abgedeckt: Der Fotograf hat verlässliche Partner, die Bildagentur hat das Know-How und die Kontakte für eine einfache und zuverlässige Bildbeschaffung und Verkaufskanäle für den Fotografen und der Bildeinkäufer konnte von einer riesigen Auswahl geeigneter Bilder sowie von einer kompetenten Beratung profitieren.

Neue Lizenzmodelle

Während einst alle Nutzungsrechte in Abhängigkeit der Nutzung berechnet wurden (eine projektgebundene Lizenz, RM oder lizenzpflichtige Bilder), erschienen mit der Digitalisierung und einem immer schnelleren Internet ganz neue Vertriebsmodelle.

Sogenannte «lizenzfreie» oder «royalty-free» Bilder erhielten eine stark vereinfachte Lizenz, wonach man für ein Bild nur einmal zahlen müsste, dann aber das Bild für beliebig viele Projekte benutzen konnte. Die ganze Administration mit Projekten, Auflagen, Neuauflagen und dieser Dinge mehr fiel nun weg. Das war für viele Bildabnehmer eine Erleichterung. Diese Erleichterung wurde jedoch mit gewissen Einschränkungen erkauft. Es war eine Demokratisierung der Bildbezüge und eine Exklusivität konnte nicht mehr gewährleistet werden.

Der Aufbruch sogenannter Microstock-Bilder war eine Weiterentwicklung der Royalty-Free Idee. Spottbillig wurden Bilder als Massenware angeboten. Die Agenturen investierten nicht mehr in die Fotoshoots, sondern jeder Bildlieferant/Fotograf musste sich selbst darum kümmern. Crowdsourcing ist das Stichwort und es hat auf einen Schlag die Produktionskosten «eliminiert». Selbstverständlich waren die Produktionskosten immer noch da, aber das Risiko ging fast vollständig auf den (privaten) Fotografen über.

Gleichzeitig mit dieser Massenware änderte sich auch das Bewusstsein bei den Verbrauchern. Bilder waren plötzlich extrem billig zu haben. Über den Preis wurden bisherige Wertvorstellungen über den Haufen geworden. Die Bilderflut und die Überdistribution vieler Kollektionen hat zu Preiskämpfen geführt. Eine Abwärtsspirale der Preise und des Verdienstes hat den Bildermarkt nachhaltig geändert.

Gratisbilder

Es ging zuletzt noch eine Stufe tiefer. Bilder wurden und werden gratis angeboten. So wie das Bessere der Feind des Guten ist, so scheint auch gratis der Feind vom günstigen zu sein. Websites wie unsplash.com bieten hochwertige Fotos von Fotografen an, welche diese kostenlos zur Verfügung stellen. Auch unsplash.com bietet den Download gratis an.

Selbstverständlich gibt es nichts gratis. Wer arbeitet schon gratis für jemand anders? Und woher werden Technologie und Administration bezahlt? Welches Konzept macht dies möglich? Wir scheinen hier am unteren Ende der Verwertungsskala angekommen zu sein. Wer hier nicht weiter als der Preis denkt, meint das Nirwana erreicht zu haben.

Warum lassen sich Fotografen mit einer solchen Plattform ein? Die Fotos sind allesamt hervorragend. Man staunt wie vielseitig das Angebot ist. Fotografen erhoffen sich vermutlich mehrheitlich davon, dass ihr Name bekannt wird und dass sie so zu Aufträgen kommen. Ob das für die Mehrheit der Fotografen so zutrifft darf bezweifelt werden.

Es treten noch ganz andere Probleme auf. Die Fotografen selbst sind für die Klärung aller Rechte verantwortlich, aber sie haben davon selten eine Ahnung. Wer als Grafiker also ein Bild verwendet kann nicht (wie bei einer professionellen Bildagentur) davon ausgehen, dass die Rechte geklärt sind. Das kann zu handfesten Problemen führen.

Gedanken über Unsplash

Im folgenden Video hat sich ein Fotograf dem Thema ausführlich angenommen und berichtet aus erster Hand von den Erfahrungen mit Unsplash-Fotografen. Wer nach diesem Video noch Bilder von Unsplash nutzt, so könnte man denken, ist selber Schuld. Dazu gibt es noch mehr zu sagen, aber zuerst das Video von Zack Arias des YouTube Kanals DEDPIXL.

Was wird mit diesen Angeboten geschehen?

Die katastrophale Lage dieser Art des Vertriebs wird nach Betrachten des Videos deutlich sein. Es gibt sogar Leute, die Bilder von Unsplash herunterladen und bei Fotowettbewerben hochladen (und gewinnen). Es gibt Fotos mit Menschen, wofür es keine gezeichnete Modelreleases gibt. Es braucht wirklich nur einen einzigen richtigen Gerichtsfall und das Kartenhaus fällt zusammen. So hat es Zack Arias geschildert.

Allerdings erinnere ich mich ebenfalls an ähnlichen Situationen bei Lizenzfreien Bildern (RF) und später bei Microstock-Bildern. Sie wurden belächelt, die technische und rechtliche Aspekte wurden kritisiert und letztendlich haben diese Sparten sich trotz allen Unkenrufe weitgehend professionalisiert. Könnte das mit mit dem Konzept von Gratisbildern auch gelingen?

Die aktuelle Lage ist alles andere als rosig. Eine professionalisierung ist möglich, aber das wird kaum ohne entsprechende Einnahmen zu realisieren sein. Bis dahin kann man nur empfehlen, selbst alle rechtliche Abklärungen vorzunehmen, oder doch lieber auf die Dienste einer professionellen Bildagentur zurückzugreifen.

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