Fragt man jemand, was er für seine Website-Bilder bezahlt, wird häufig geantwortet: «Nichts!». Gratisbilder sind allgegenwärtig. Nun sind Gratisbilder jedoch nicht immer die beste Wahl. In diesem Beitrag geht es um eine Differenzierung der Wahrnehmung. Gratisbilder können ganz schön teuer werden.
Bildbeschaffung um die Jahrtausendwende
Um das Jahr 2000 fotografierten die meisten Fotografen noch analog. Das ist kaum 20 Jahren her. Bildagenturen hatten Schränke voller Negative und Dia-Positive, oftmals auch in Kopien, die bei Bedarf den Grafikern und Redaktionen geliefert werden konnten. Hat man nun bei einer Bildagentur das Projekt beschrieben, wurde eine Auswahl an Negativen geliefert – in Städten gerne auch per Fahrradkurier. Internet war nicht schnell genug. Die Bilder lagen oft noch nicht digital vor.
Die gelieferte Bildauswahl bestand aus Negativen oder Positiven, die in einer Plastikhülle eingeschweisst waren. Damit man aus dem analogen Material eine digitale Version erstellt werden konnte, musste man die Schutzhülle aufgemacht werden. Nur so konnte man das Bild scannen.
War nun die Schutzhülle aufgemacht, wurde von Schweizer Bildagenturen eine Layoutgebühr von CHF 200 verrechnet. Ein qualitativ hochwertiger Scan kostete schnell zwischen CHF 150–250 pro Bild. Möchte ein Grafiker also dem Kunden ein fertiges Layout mit echten Bildern präsentieren, lagen die Kosten pro Bild bereits bei mindestens CHF 350. Dies war noch keine Lizenz. Der Fotograf war beispielsweise noch nicht berücksichtigt. Dies waren nur die Kosten für die Aufwände der Bildagentur und für die Digitalisierung. Kam es zum Druck, wurden die tatsächlichen Lizenzkosten hinzugerechnet, in Abhängigkeit der Auflage, das Medium, die Sprachen, die Dauer der Verwendung und weitere Kriterien. Bilder wurden grundsätzlich projektgebunden lizenziert.
Die Bildbeschaffung war ganz anders als heute. Es gab kein Highspeed Internet. Bildagenturen hatten den Vorteil, dass man auch zu ungewöhnlichen Themen oder aus anderen Ländern rasch und unkompliziert Fotos bestellen konnte. Die Bildagentur ist die lokale Repräsentation eines Fotografen-Netzwerkes. Das war auf jeden Fall günstiger und einfacher als einen Fotografen per Flugzeug auf die Reise zu schicken, mit dem Auftrag bestimmte Bilder zu fotografieren. Ausserdem konnten Bildagenturen zuverlässig über vorhandene Benutzungsrechte informieren und allenfalls bei der Beschaffung bestimmter Freigaben behilflich sein.
Wer Bilder selbst produziert, beispielsweise mit einem Fotografen, der benötigt nicht nur den Fotografen, sondern oft auch die Visagistin, die Kosten für den Ort (Location), die Anreise, Bildbearbeitung und vieles mehr. Werden zusätzlich professionelle Models benötigt, steigen die Kosten für einen Tag schnell in den vierstelligen Bereich. Das ist auch heute noch so.
Digitalisierung und neue Lizenzen
Bis etwa 2006 hatten wir als Bildagentur über 100 gedruckte Bildkataloge in die Schweiz verschickt. Dann aber machte das aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und einem immer schnelleren Internet keinen Sinn mehr. Sogar die Bildlieferung auf CD und DVD war ein Auslaufmodell. 2006 haben wir alle Lagerbestände in Absprache mit den Lieferanten entweder entsorgt oder zurückgeschickt. Ab diesem Jahr wurden nur noch digitale Bilder über das Internet vertrieben.
Das sogenannte «lizenzfreie» Lizenzierungsmodell hat breite Akzeptanz gefunden. Bilder wurden nicht mehr projektgebunden, sondern Benutzer-gebunden lizenziert. Das funktioniert bis heute noch so. Es ist vergleichbar mit einer Softwarelizenz. «Lizenzfrei» war die unglückliche Bezeichnung für eine Lizenz mit einfachen umfassenden Rechten. Hier nun wurden die Bilder einmal gekauft, und durften dann unbegrenzt vom Käufer verwendet werden. Heute ist das für viele Bereiche mittlerweile Standard.
Immer einfacher wurde der Vertrieb. Die Bildlieferanten haben versucht so viele Absatzkanäle zu finden wie nur irgendwie möglich. Damit hat man nicht nur den Markt mit Distributionskanälen gesättigt, sondern auch die Differenzierung durch eigene Bildwelten fast unmöglich gemacht.
Der nächste Schritt war die Einführung des Microstock-Angebots. Bilder wurden (und sind) extrem günstig. Der Aufwand zur Bilderstellung wurde nicht durch wenige Lizenzen, sondern durch eine breite Masse abgedeckt. Einzelne Bilder wurden viele Zehntausende Male verkauft. Billigbilder wurden dadurch Massenware. Heute kennt kaum jemand mehr den Preis eines Bildes, weil Bilder nichts mehr kosten dürfen. Natürlich hat das mit dem realen Aufwand nichts mehr zu tun, sondern es ist die Folge einer Marktentwicklung.
Preis ist kein Kriterium mehr
Kaum jemand kennt noch den Wert eines guten Bildes. Weil Gratisbilder weit verbreitet sind, jeder mit dem Smartphone Schnappschüsse erstellen kann, folgern – vor allem unkundige Menschen – dass Bilder gratis sein sollten. Nicht wenige Grafiker sind gleicher Meinung. Man vergisst: «There is no such a thing as a free lunch.» (Es gibt nicht so etwas wie ein kostenloses Mittagessen – es gibt immer jemand, der dafür bezahlt.) Selbstverständlich ist das ein riesiges Problem für ganze Berufssparten. Es ist auch eines der Gründe, dass es die Bildagentur Kursiv nicht mehr gibt, wie auch viele weitere Agenturen nicht mehr.
Wenn der Preis gegen null sinkt, ist der Preis kein Thema mehr. Es lässt sich zwar noch um Marktvorherrschaft kämpfen. Grosse Bildagenturen wie Getty Images haben mit Fremdkapital lange Preise nach unten gedrückt. Man hat an den Partnern vorbei dieselben Rabatte auch an grösseren Kunden gegeben. Es wurde mit harten Bandagen gekämpft. Fotos waren keinen Wert mehr an sich, sondern wurden «Assets», die Werte für «Shareholders» generierten. Die Massen haben dabei brav eingekauft und das Spiel mitgespielt.
Nun gibt es einen immer kleiner werdende Differenz zwischen gute und entsprechend teure Bilder einerseits und gute und gratis Bilder andererseits. Unsplash und viele Stockagenturen machen vor, wie man die Fotografen kostenlos arbeiten lässt, um Bilder zu verschenken, womit man dann selbst Geld verdient.
Welche Bilder soll ich für meine Firma oder mein Projekt wählen?
Heute braucht es Mündigkeit in Sachen Bildbeschaffung. Gratis ist zwar für viele Anwendungen noch ein Zauberwort, aber das kann teuer werden. Auf welche Art?
- Bei Websites wie Unsplash oder Pexels sind die Nutzungsrechte oft nicht geklärt. Es wird auf diesen Websites ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man nur distribuiert, nicht jedoch die einwandfreie rechtliche Verwendung garantiert. Gratis zur Verfügung gestellt heisst eben nicht, dass beispielsweise die Personenrechte geklärt sind (dass Modellreleases vorhanden sind). Das kann teuer werden, wenn plötzlich Rechte geltend gemacht werden.
- Gratisbilder und solche von Microstock-Agenturen werden so häufig genutzt, dass der Bildwert inflationär herabgesetzt wird. Solche Bilder können nicht mehr dazu genutzt werden, ein eigenständiges Firmenprofil oder eine unverwechselbare visuelle Identität zu kreieren. Auch dies ist teuer, nämlich durch Verlust von Identität.
Hier nun liegt die Herausforderung: Immer mehr müssen Firmen und Grafiker abwägen, ob ein Projekt durch Gratisbilder oder Billigfotos gebührend dargestellt wird. Wird das Bild für meine Kanzlei parallel auch noch für eine Viagra-Werbung genutzt? Erscheint dasselbe Gesicht auch auf der Website meiner Konkurrenz? Solche Fragen zeigen auf, dass es nicht nur um den Preis des Bild geht, sondern auch um den Wert, den man haben will.
Problemlos dürfte die Nahaufnahme eines Zwiebels auch mal aus einer Billig-Quelle genommen werden. Ein solches Bild passt vielleicht gerade zum Blog-Beitrag. Anders sieht es jedoch aus, wenn man mit Bildern von Personen eine Emotionalität vermitteln will. Dort ist es nicht egal, welche Bilder man verwendet.
Einkaufen oder eigene Fotos erstellen?
Wird man sich den Wert von guten Fotos bewusst, stellt sich die Frage, wie man diese erhält? Dafür gibt es natürlich verschiedene Möglichkeiten. Man kann bessere unabhängige Bildagenturen wie beispielsweise Westend61, PhotoAlto, Sodapix oder auch Alamy in Betracht ziehen. Lokale Verbände für Stockfotografie, wie beispielsweise die SAB in der Schweiz oder die BVPA in Deutschland können weiterhelfen.
Eine echte Alternative wäre jedoch die Produktion eigener Fotos. Dann hat man gleich mehrere Vorteile auf einen Schlag: Die Bilder sind einmalig und können perfekt das eigene Projekt oder die eigene Firmenkultur abbilden. Zweitens lässt sich die Freigabe für Werbezwecke von vorneherein klären. Dafür kann ein eigener Fotograf eingesetzt werden, der nebenbei auch noch andere Geschäftsabläufe, Räumlichkeiten, Geräte und Werkzeuge, spezielle Situationen und weitere abbilden kann. In dieser Kombination ist der Aufwand finanziell zwar deutlich grösser als beim Bezug von Gratis Bildern, jedoch ist der Wert unvergleichlich und meist deutlich günstiger und nachhaltiger als der Bildbezug via Bildagenturen. Ausserdem lassen sich Bildserien erstellen, die eine konsistente Bildsprache fördern.
Entscheidend für die Art wie man Bilder einkauft ist die Vision, die man hat. Was möchte man erreichen? Möchte man eine eigene Bildsprache pflegen? Will man an den Bildern erkennbar sein? Sollen Kunden sich beispielsweise mit der Darstellung identifizieren können?
Es ist durchaus möglich, dass einige Dinge durch Stockfotos abgedeckt werden können, während andere Themen am besten von einem Fotografen realisiert werden. Eventuell lohnt es sich, einmal verschiedene Vorteile und Nachteile aufzulisten. Ein einziges, nicht-exklusives Bild, kostet in hoher Auflösung bei Getty Images CHF 500. Es gibt herausragende Fotografie, aber heute braucht man viele Bilder. Braucht man 20 Bilder und nächstes Jahr erneut 20 Bilder, lässt sich schnell erahnen, dass hier Tausende Franken aufgewendet werden müssen. Das ist für viele KMU nicht möglich. Ein eigenes Fotoshoot jedoch ist dann viel günstiger und nachhaltiger und ausserdem unverwechselbar.
Jetzt kann man die anfängliche Frage noch einmal stellen: Wie teuer sind Fotos zum Einkaufen und was rechtfertigt einen Preis?
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Bildnachweis: Amber Engle auf Unsplash.
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